Der „neue“ Bayer-Konzern: Mehr Flexibilität zur Steigerung von Wettbewerbsfähigkeit und Performance
Bayer-Aktie wird am 24. Januar an der New York Stock Exchange gelistet/Umbau der Unternehmens-Struktur wird mit hohem Tempo umgesetzt
New York, 22. Januar 2002 – Mit einem neuen Konzept für die Umstrukturierung des Konzerns geht die Bayer AG an die New Yorker Börse: Von der Bildung einer Strategischen Holding mit vier eigenständig operierenden Tochtergesellschaften verspricht sich Vorstandsvorsitzender Dr. Manfred Schneider eine Stärkung der Schlagkraft in den jeweiligen Märkten sowie eine Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit.
Seit der Bekanntgabe der Pläne Ende vergangenen Jahres sei der Konzern in einem rasanten Veränderungsprozess, berichteten Schneider und Bayer-Finanzvorstand Werner Wenning am Dienstag in New York im Rahmen einer internationalen Pressekonferenz im Vorfeld des Listings der Bayer-Aktie an der Wall Street am 24. Januar 2002.
„Wir haben weit reichende Maßnahmen eingeleitet, die zu deutlich mehr Flexibilität, größerer Wettbewerbsfähigkeit und besserer Performance bei allen unseren Geschäftsaktivitäten führen sollen“, sagte Schneider. An der Umsetzung der Holding-Pläne, die auch die Voraussetzungen für strategische Partnerschaften schaffen sollen, werde mit hohem Tempo gearbeitet. Dazu gehöre auch die Bereinigung des Portfolios, u. a. durch Veräußerung von Tochtergesellschaften und Beteiligungen, deren Aktivitäten nicht mehr zum zukünftigen Kerngeschäft des Konzerns gehören. Zum 1. Januar 2003 soll der Konzern in die neue Organisationsform überführt werden. „Wir sind überzeugt, dass unsere vier neuen Unternehmen blühen und gedeihen werden und auf ihren Märkten führende Positionen einnehmen können“, äußerte sich der Bayer-Chef zuversichtlich.
An der New Yorker Börse sei die „creme de la creme“ der Weltwirtschaft vertreten. „Da gehört unsere Aktie hin', bekräftige Dr. Schneider. Die Notierung in den USA eröffne Bayer eine Reihe von Vorteilen und Chancen. So erhalte das Unternehmen direkten Zugang zum US-Kapitalmarkt. Weiter könne die Bayer-Aktie als Akquisitionswährung für mögliche Übernahmen in der Zukunft genutzt werden. Zudem wolle das Unternehmen seine Aktionärsbasis in den USA weiter ausbauen. Derzeit werden rund acht Prozent des Aktienkapitals von US-Investoren gehalten. „Wir sind jetzt erreichbar auch für diejenigen institutionellen Anleger hier im Lande, die Aktien ausländischer Unternehmen nur dann in ihr Portfolio aufnehmen dürfen, wenn diese in den USA gelistet sind“, betonte der Bayer-Vorstandsvorsitzende. Schließlich eröffne die Notierung an der Wall Street auch die Chance, Aktienprogramme für Mitarbeiter der amerikanischen Tochtergesellschaften aufzulegen.
Leistungsstarkes Health-Care-Unternehmen
In der neuen Organisationsform sollen vier operative Teilgesellschaften unter dem gemeinsamen Dach einer Strategischen Holding agieren. Der Bereich Gesundheit mit den fünf Geschäftsbereichen Pharma, Biologika, Consumer Care, Diagnostika und Animal Health und einem Umsatzvolumen von zusammen mehr als elf Milliarden Euro soll zu einem leistungsstarken Health-Care-Unternehmen aufgebaut werden. Um die kritische Masse zu erreichen und das Portfolio abzurunden, suche man, so Schneider, nach strategischen Partnern – für den ganzen Bereich wie auch für einzelne Geschäftsfelder und spezielle Märkte. Schneider betonte: „Wir wollen dabei aber das Steuer in der Hand behalten.“ Denn gerade im Gesundheitsbereich seien die Aktivitäten wesentlich stärker und wertvoller, als dies heute allgemein wahrgenommen werde. Bayer habe das notwendige Know-how und die Ressourcen für eine gute Position im Weltmarkt. Aber Partnerschaften könnten diese Entwicklung beschleunigen.
Zur Effizienzsteigerung der Pharma-Forschung und -entwicklung wurde die Suche nach neuen Wirksubstanzen bereits auf eine neue Basis gestellt. Statt umfangreiche Kapazitäten für diese hoch spezialisierten Verfahren aufzubauen und zu unterhalten, hat Bayer ein Netzwerk von externen Partnerschaften und Allianzen geknüpft. „Diese langfristig angelegten Allianzen mit führenden Biotechnologie-und High-Tech-Unternehmen wie Millennium Pharmaceuticals, Lion Bioscience und CuraGen geben uns Zugang zu modernster Technologie und neuestem Know-how. Unser Ziel ist es, jedes Jahr mindestens 20 neue Wirkstoff-Kandidaten zu identifizieren und damit eine hervorragende Ausgangsbasis für eine zügige Entwicklung neuer Medikamente zu schaffen“, erläuterte der Vorstandsvorsitzende. Die Pipeline von Neuentwicklungen enthält derzeit 14 weitere Substanzen in den klinischen Phase-I- und Phase-II-Studien sowie 24 Substanzen in der vorklinischen Testphase – für Indikationen wie Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Infektionskrankheiten. Die Zahl der laufenden vorklinischen Projekte hat sich seit 1995 mehr als verfünffacht.
Weltweite Führungsposition im Pflanzenschutz Zügig voran komme Bayer auch im Bereich Pflanzenschutz bei der angekündigten Übernahme von Aventis CropScience. Vorbehaltlich der Genehmigung der Kartellbehörden werde diese Akquisition für 7,25 Milliarden Euro die größte in der Unternehmensgeschichte sein, sagte der Vorstandsvorsitzende. „Mit seinem kombinierten Pro-forma-Umsatz von fast sieben Milliarden Euro im Jahr 2001 nimmt das neue Unternehmen eine weltweite Führungsposition im Pflanzenschutz ein.“ Der Abschluss der kartellrechtlichen Prüfungen werde für das Ende des 1. Quartals 2002 erwartet.
Das neue Unternehmen Bayer CropScience hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2005 den Umsatz auf acht Milliarden Euro zu steigern - bei einer Umsatzrendite von 20 Prozent.
Im Bereich Polymere entsteht nach Angaben des Bayer-Chefs mit der Zusammenlegung der vier Geschäftsbereiche Kunststoffe, Polyurethane, Kautschuk sowie Lackrohstoffe, Farbmittel und Sondergebiete eines der weltweit größten Unternehmen der Branche mit einem Umsatz von mehr als elf Milliarden Euro. In vielen Geschäftsfeldern sei Bayer hier bereits der Marktführer. „In anderen Bereichen sind wir bestens aufge-stellt“, versicherte der Bayer-Chef. „Unsere jetzige Führungsposition wollen wir nicht nur halten, sondern unsere Marktanteile weiter erhöhen.“ Nach der Übernahme des Polyolgeschäfts von Lyondell und dem Kauf von Sybron werde Bayer sein aktives Portfolio-Management fortsetzen, sei aber im Grunde stark genug, um aus der derzeitigen Stellung heraus organisch zu wachsen.
Die neue, aus den Geschäftsbereichen Chemikalien und Spezialprodukte entstehende Chemie-Gesellschaft mit einem Umsatz von mehr als vier Milliarden Euro und einer angestrebten Rendite von zwölf bis 13 Prozent solle einer der weltweit führenden Hersteller von Spezialchemikalien werden. Angesichts der anhaltenden Branchenkonsolidierung auf dem Weltmarkt für Chemikalien sei Bayer auch in diesem Bereich zu einer Partnerschaft bereit, die zu einem Joint Venture mit einem ähnlich strukturierten Unternehmen führen könnte. Schneider: „Mittelfristig wollen wir ein strategisches Bündnis schmieden – mit weiter verbesserter Kompetenz, einer Ausweitung der Marketingaktivitäten und verstärkter Präsenz in den Hauptwirtschaftsregionen der Welt, insbesondere in den USA.“
Wenning: Größte Umstrukturierung in der Unternehmensgeschichte Finanzvorstand Werner Wenning, der Ende April dieses Jahres Nachfolger von Schneider als Vorstandsvorsitzender wird, bezeichnete die Neuorganisation als „größte Umstrukturierung in der Geschichte des Unternehmens, deren Veränderungen tief greifend sind und mit höchster Priorität und unverzüglich umgesetzt werden.“ Die Gründung selbstständiger operativer Einheiten habe drei Dinge zum Ziel: Erhöhung der Flexibilität, stärkere Fokussierung auf die wesentlichen Erfolgsfaktoren wie Innovationskraft und Problemlösungskompetenz sowie mehr Transparenz. „Wer im heutigen Wettbewerbsumfeld ganz vorne mitspielen will, muss schnell und gezielt entscheiden können.“ Die operativen Töchter würden daher die Möglichkeiten und das Mandat erhalten, schnell und den aktuellen Marktanforderungen angepasst zu agieren. „Das Resultat ist Geschwindigkeit: beschleunigte Portfolio- und Technologie-Entwicklung, frühere Identifizierung von Marktchancen und schnelleres Eingehen auf Kundenwünsche“, sagte Wenning.
Durch die neue Aufstellung des Konzerns werde auch die Transparenz erhöht. „Wir werden – genauso wie unsere Aktionäre und Analysten – Werttreiber und Wertevernichter bei Bayer noch besser identifizieren können.“ So könnten schneller Konsequenzen gezogen werden. Auf diesem Weg sei bereits viel geleistet worden. Fast die Hälfte des Produktsortiments sei im Laufe der vergangenen fünf Jahre durch Akquisitionen und Desinvestitionen neu strukturiert worden. Erst kürzlich wurde der Verkauf von drei Firmen mit einem Gesamtumsatz von 1,4 Milliarden Euro, deren Aktivitäten nicht mehr zum Kerngeschäft des Konzerns gehören, angekündigt. Diese Veräußerungen sollen im Laufe des Jahres 2002 abgeschlossen werden. Im Mittelpunkt der neuen Struktur werde der Holding-Vorstand stehen. Er bestimme die Gesamtstrategie, entscheide über das Portfolio, steuere die Ressourcen-Verteilung und ernenne die Leiter der Teilkonzerne. Sein oberstes Ziel sei die nachhaltige Steigerung des Unternehmenswertes. Der Schritt, so Wenning, vier operative Einheiten unter dem Dach einer Strategischen Holding zu installieren, diene der optimalen Umsetzung des Marktpotenzials und damit der Steigerung des Unternehmenswertes auf einer soliden Basis für nachhaltiges Wachstum.
Schneider und Wenning zeigten sich optimistisch, dass die Hauptversammlung den Plänen „grünes Licht“ erteilen und der „neue“ Bayer-Konzern zum 1. Januar 2003 Realität sein werde.
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