Münchener-Rück-Analyse „Naturkatastrophen 2003' Münchener-Rück-Analyse „Naturkatastrophen 2003“: volkswirtschaftliche und versicherte Schäden auf hohem Niveau weiter gestiegen / Kurz vor Jahresende: Erdbeben im Iran und in Kalifornien / Münchener Rück startet Initiative zur Vorsorge gegen Erdbebenkatastrophen in der Dritten Welt / Auftakt der Wintersturmsaison in Europa mit Orkantief Jan / Hitzesommer in Mitteleuropa wichtiges Indiz für die Zunahme von Wetterextremen und Vorgeschmack auf die Zukunft Die Münchener Rück erfasst und analysiert weltweit alle Meldungen über Naturereignisse, die Sach- oder Personenschäden anrichten. Das Jahr 2003 war bis in die letzten Tage geprägt von einer Reihe schwerer Elementarereignisse mit einer im langfristigen Vergleich weit überdurchschnittlichen Zahl von Todesopfern. Die Versicherungswirtschaft muss wegen der verschärften Risikosituation auch weiterhin konsequent handeln, beispielsweise mehr denn je Haftungslimitierungen und risikoadäquate Prämien vereinbaren. Die Ergebnisse für 2003 im Einzelnen:
> Weitere Zahlen und Details sind in einem Überblick im Anhang zusammengestellt, (PDF-Format, 72 KB) Erdbeben: hohe Opferzahlen / Iran besonders schwer getroffen Im vergangenen Jahr ereigneten sich weltweit 70 Beben, die Schäden verursachten. Die volkswirtschaftlichen Schäden lagen mit rund 6 Mrd. US$ jedoch weit über den versicherten Schäden von etwa 100 Mio. US$. Im Mai hatte ein Erdbeben der Magnitude 6,8 (Richterskala) in Algerien mindestens 2.200 Menschenleben gefordert. Das Beben löste eine Flutwelle (Tsunami) im Mittelmeer aus, die auf Mallorca, Ibiza und Menorca 150 Schiffe und Yachten beschädigte oder zerstörte. Im Februar wurde der Nordwesten Chinas von einem Beben der Magnitude 6,4 erschüttert - das schwerste in der Region seit 50 Jahren. Dabei wurden 70.000 Gebäude beschädigt oder zerstört. Das Erdbeben, das am 22. Dezember Teile Kaliforniens erschütterte, richtete trotz einer Magnitude von 6,5 keine dramatischen Schäden an, weil es sich glücklicherweise in einer dünn besiedelten Region etwa in der Mitte zwischen Los Angeles und San Francisco ereignete. Die Nähe zu diesen Megacitys macht aber deren außerordentlich hohe Gefährdung bei einem künftigen heftigen Beben deutlich. Am frühen Morgen des 26. Dezember verwüstete schließlich ein Beben der Magnitude 6,6 die Region um die Stadt Bam im Südosten des Iran. In der 100.000-Einwohner-Stadt an der legendären Seidenstraße fielen die meisten Lehmziegelbauten in sich zusammen und begruben Zehntausende Bewohner unter sich. Die Behörden befürchten mehr als 25.000 Todesopfer und rund 30.000 Verletzte. Im Iran und in seinen Nachbarländern sind Millionen Menschen einem ähnlich hohen Erdbebenrisiko ausgesetzt: Es ist die Folge der starken Erdbebentätigkeit in dieser seismisch sehr aktiven Region entlang der Kollisionszone zwischen der arabischen und der eurasischen Platte. Hinzu kommen eine hohe Bevölkerungsdichte in den zahlreichen Großstädten und die besondere Verwundbarkeit der nach wie vor weit verbreiteten schweren Lehmziegelbauten ebenso wie der modernen, nicht ausreichend erdbebenresistent konstruierten Betonbauten. Die Liste verheerender historischer Erdbeben-katastrophen ist in dieser Region besonders lang (allein im Iran sechs Beben mit über 5.000 Opfern im letzten Jahrhundert, zuletzt 1990 mit 40.000 Opfern in der Region Rasht am Kaspischen Meer). Weil sich in vielen Ländern der Dritten Welt eine ähnlich fatale Konstellation von Risikofaktoren findet und sich daraus erschreckend hohe Katastrophenpotenziale ergeben, will die Münchener Rück ihre schon seit mehreren Jahren bestehende Kooperation mit der kalifornischen non-profit-Organisation GeoHazards International nun erheblich intensivieren. Den Startschuss dafür wird ein internationales Symposium bilden, das die Münchener Rück Ende Februar 2004 in ihrem Haus veranstaltet. Dabei werden namhafte Experten der Weltbank, von GeoHazards International, des GeoForschungsZentrums Potsdam und der Münchener Rück den Vorsorgebedarf angesichts der immensen Erdbebenrisiken der Zukunft darstellen und mit hochrangigen Vertretern der deutschen Wirtschaft die zur Verfügung stehenden Instrumente zur Minderung der Schadenpotenziale diskutieren. Die Münchener Rück beteiligt sich seit langem an einer Reihe weltweiter Initiativen der Vereinten Nationen zur Katastrophenvorsorge; sie leistet so auf einem ihrer Kompetenzfelder einen substanziellen Beitrag zur nachhaltigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in den Ländern der Dritten Welt. Stürme prägen die Schadenbilanz der Versicherer Ein Drittel der rund 700 erfassten Ereignisse entfiel in 2003 auf Stürme und Unwetter, allerdings waren 75 % der versicherten Schäden aus allen Naturkatastrophen darauf zurückzuführen.
Europa blieb diesmal von schweren Stürmen weitgehend verschont. Auch Wintersturm Calvann Anfang Januar verursachte trotz Windgeschwindigkeiten bis 200 km/h in Frankreich, der Schweiz und Deutschland nur relativ moderate Schäden (volkswirtschaftlich: 1 Mrd. US$, versichert: 300 Mio. US$). Extremereignis Hitzesommer – künftig ein Normalfall?
Außergewöhnliche Einzelereignisse des abgelaufenen Jahres wie die Hitzewelle sind einmal mehr Indizien für den Klimawandel. Sie zeigen, dass künftig mit neuartigen Wetterrisiken und größeren Schadenpotenzialen zu rechnen ist. Stefan Heyd, im Vorstand zuständig für Grundsatzfragen des Rückversicherungsgeschäfts: „Die Assekuranz muss sich auf steigende Risiken und Schäden einstellen. Dies erfordert vor allem Transparenz und Limitierung der Risiken. Ein vorausschauendes Handeln bedeutet auch Anpassungen bei den Preisen.“ Zunahme von Wetterextremen immer deutlicher Dr. Gerhard Berz, Leiter des Fachbereichs GeoRisikoForschung der Münchener Rück: „Wir müssen uns daran gewöhnen, dass Hitzesommer wie diesmal in Europa künftig häufiger zu erwarten sind. Sie können schon Mitte des Jahrhunderts mehr oder weniger zum Normalfall werden. Der Sommer 2003 war sozusagen ein „Sommer der Zukunft“. Schon seit vielen Jahren warnen wir vor der erhöhten Gefahr von Hitzewellen und den damit verbundenen Problemen und Risiken. Wärmere Sommer bedeuten auch, dass Intensität und Häufigkeit von Unwettern zunehmen. So verstärken etwa ein stark erwärmtes Mittelmeer und ein erwärmter Nordatlantik das Risiko, dass sich in Herbst und Winter besonders kräftige Tiefdruckgebiete mit sintflutartigen Niederschlägen und extremen Windgeschwindigkeiten bilden. Dies bestätigten die verheerenden Überschwemmungen in Südfrankreich Anfang Dezember und das Orkantief Jan über West- und Mitteleuropa kurz vor Weihnachten.“ Münchener Rück – Partner beim Klima- und Umweltschutz Seit nunmehr drei Jahrzehnten engagiert sich die Münchener Rück dafür, der weiteren Klimaerwärmung durch entschiedene Maßnahmen vorzubeugen und die Folgen der menschgemachten Klimaerwärmung zu minimieren. Sie arbeitet unter anderem in Expertenteams des UN-Umweltprogramms (UNEP) mit und trägt dazu bei, das Bewusstsein für umweltbedingte Risiken auf nationaler und internationaler Ebene zu stärken. Wie wichtig das ist, betonte der UNEP-Chef Prof. Dr. Klaus Töpfer im Dezember 2003 in einem Vortrag vor den Mitarbeitern der Münchener Rück. Auch mit der erneut erfolgreich durchgeführten Zertifizierung ihres Umweltmanagements (zum Beispiel Integration nachhaltiger Kriterien in Rückversicherung und Kapitalanlage) durch einen unabhängigen Gutachter unterstreicht die Münchener Rück ihre Vorreiterrolle im Umwelt- und Klimaschutz. > Anhang: Die 10 größten Naturkatastrophen 2003, (PDF-Format, 72 KB) |