Kurz vor Jahresende stärkstes Erdbeben seit 40 Jahren / Menschliche Tragödie mit zehntausenden Todesopfern und Verletzten durch Beben und seismische Flutwellen (Tsunamis) / Belastung für Münchener-Rück-Gruppe begrenzt, nach derzeitigem Informationsstand unter 100 Mio. € 2004 war mit 40 Mrd. US$ für die Versicherungswirtschaft schon vor dem Seebeben teuerstes Naturkatastrophenjahr aller Zeiten / Allein die Wirbelstürme in den USA, der Karibik und Japan verursachen über 35 Mrd. US$ versicherte Schäden / Wetterextreme als Folge der globalen Erwärmung / Peter Höppe neuer Leiter der GeoRisikoForschung der Münchener Rück Ein extrem starkes Seebeben traf am 26. Dezember 2004 den Norden Sumatras; seismische Flutwellen brandeten mit großer Wucht gegen weit entfernt liegende Küstenabschnitte. Zehntausende wurden getötet oder verletzt, Millionen obdachlos. Die Versicherungsdichte ist relativ gering; die versicherten Sachschäden dürften sich wegen nur punktueller Wertekonzentrationen in Grenzen halten. Für eine substantiierte Schadeneinschätzung ist es noch zu früh. Nach den bisher vorliegenden Informationen erwartet die Münchener-Rück-Gruppe für sich eine begrenzte Belastung, nach derzeitigem Informationsstand unter 100 Mio. €. Derzeit gibt es damit keinen Anlass, die Ergebnisaussage für das Geschäftsjahr (Gewinnziel 1,8 - 2 Mrd. €) zu verändern. Bilanz Naturkatastrophen 2004: Die Münchener Rück dokumentiert und analysiert seit 30 Jahren weltweit alle Meldungen über Naturereignisse mit großen Sach- oder Personenschäden, die diesmal vor allem in der zweiten Jahreshälfte auftraten. Das dritte Quartal war von extremen Wetterkatastrophen geprägt: Hurrikane im Atlantik sowie Taifune im Westpazifik verursachten Rekordschäden. Stefan Heyd, Vorstandsmitglied der Münchener Rück: „Wir sind betroffen angesichts der menschlichen Tragödie in Südasien. Wie beim verheerenden Erdbeben in Bam (Iran), auf den Tag genau ein Jahr zuvor, verloren Zehntausende ihr Leben. Die schrecklichen Auswirkungen rings um den Indischen Ozean bis hin zum Horn von Afrika machen erneut die weltweiten Bedrohungen durch Naturkatastrophen deutlich.“ Heyd, im Vorstand unter anderem zuständig für Grundsatzfragen des Versicherungsgeschäfts, zu den Wetterextremen des Jahres 2004: „Sie unterstreichen unsere langjährige Forderung nach raschen, konsequenten Maßnahmen gegen den globalen Klimawandel. Nach dem enttäuschenden Ausgang des jüngsten Klimagipfels in Buenos Aires wird die Zeit dafür immer knapper. Wir werden weiterhin Schäden aus Naturkatastrophen decken, wenn der Preis dem durch Wetterphänomene und Wertekonzentrationen hoch exponierten Risiko entspricht. Die bisher ungekannte Schadenlast aus Sturmereignissen hat dazu beigetragen, dass das Risikobewusstsein und dass die Wertschätzung von Versicherungsschutz wieder gewachsen sind. Auch darum sind die Preise für diese Deckungen in der auslaufenden Erneuerungssaison stabil geblieben.“ Die Analyse-Ergebnisse für 2004 im Überblick:
Zehntausende Tote und Verletzte nach Seebeben in Asien / Im Jahresverlauf waren Erdbeben bis zu diesem Zeitpunkt unterdurchschnittlich vertreten gewesen Von den rund 650 analysierten Ereignissen gingen etwa 80 auf das Konto geologischer Gefahren (70 Erdbeben, die Schäden verursachten; 10 Vulkanausbrüche). Am 26. Dezember richteten ein Seebeben der Stärke 9,0 (Richterskala) und Tsunamis erhebliche Schäden an und forderten Zehntausende Todesopfer und Verletzte. Am schwersten betroffen waren Küstenabschnitte von Indien, Indonesien, Sri Lanka und Thailand, wo die Fluten den zum Teil dicht besiedelten Küstensaum trafen und auch einzelne touristische Zentren. Entsprechende Schäden wurden auch aus Malaysia, Bangladesch, Myanmar und von den Malediven gemeldet, selbst vom Horn von Afrika. Trotz der betroffenen langen Küstenlinien wird die Belastung für die Versicherungswirtschaft begrenzt sein. Grund: Seismische Flutwellen reichen meist nur wenige 100 Meter ins Landesinnere; die Zerstörungen können dort hoch sein, sind aber kaum vergleichbar mit den großräumigen Verwüstungen durch schwere Stürme. Dazu kommt, dass die Wertekonzentrationen und die Versicherungsdichte in den betroffenen Gebieten gering waren und nur dort punktuell höher, wo es touristische Infrastruktur oder Hafenanlagen gibt. Zudem ist in den meisten dieser Länder das Erdbebenrisiko (einschl. Tsunamis) aus den Sachversicherungspolicen ausgeschlossen; Zusatzdeckungen sind – ebenso wie Lebens- und Krankenversicherungen – eher selten. Neben dem Ereignis vom 26. Dezember und seinen zahlreichen Nachbeben kam es im abgelaufenen Jahr zu weiteren zum Teil schweren Erdbeben. 640 Menschenleben forderte ein Erdbeben am 24. Februar im Norden Marokkos. Das Niigata-Beben (Japan) mit einer Stärke von 6,6 auf der Richterskala ist nach den Erdbeben von Kobe 1995 (100 Mrd. US$ volkswirtschaftlicher Schaden) und Northridge (44 Mrd. US$ volkswirtschaftlicher Schaden) das drittteuerste Beben bisher. Es kostete 40 Menschen das Leben und richtete bei volkswirtschaftlichen Schäden von rund 30 Mrd. US$ versicherte Schäden in Höhe von 450 Mio. US$ an. Ein schweres Seebeben mit einer Stärke über 8 hatte sich wenige Tage vor dem 26. Dezember nahe der Antarktis ereignet; es blieb ohne Folgen. 2004: Höchstschäden für Versicherer – größtenteils wegen Wetterkatastrophen Etwa die Hälfte der rund 650 erfassten Naturkatastrophen entfiel 2004 auf Stürme und Unwetter. Diese Wetterkatastrophen machten aber über 90 % der gesamten versicherten Schäden aus. „Wir sehen uns erneut in der seit langem geäußerten Annahme bestärkt, dass der – mit hoher Sicherheit vom Menschen ausgelöste – Klimawandel zu einer Häufung und Intensivierung von außergewöhnlichen Wetterereignissen führen wird“, so Dr. Gerhard Berz, der scheidende Leiter der GeoRisikoForschung der Münchener Rück. Die Hurrikansaison im Atlantik und die Taifunsaison im Pazifik waren völlig außergewöhnlich. Dies gilt sowohl für das Schadenausmaß als auch für die meteorologischen Fakten:
Europa blieb 2004 von extremen Winterstürmen und Unwettern weitgehend verschont; Aufsehen erregten jedoch einige kleinere Tornados in Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien, die aber nur geringe Schäden anrichteten. Über den Mittleren Westen der USA zog im Mai eine Unwetterfront mit starken Hagelschlägen und rund 85 Tornados. Sie führten zu mehr als 800 Mio. US$ versicherten und über eine Milliarde US$ volkswirtschaftlichen Schäden. GeoRisikoForschung der Münchener Rück ab 1. Januar 2005 unter neuer Leitung Seit nunmehr 30 Jahren dokumentieren und analysieren Dr. Gerhard Berz und das Team der GeoRisikoForschung der Münchener Rück weltweit die Naturgefahren und die Auswirkungen des Klimawandels. Sie schaffen so die naturwissenschaftlichen Grundlagen für die Versicherungsexperten des Unternehmens und für die Kunden der Münchener Rück. In zahlreichen Publikationen und Vorträgen hat Berz, in Medien gelegentlich als „Master of Disaster“ bezeichnet, seine Forschungsarbeiten und Erkenntnisse veröffentlicht. In wichtigen wissenschaftlichen und politischen Gremien und bei vielen Veranstaltungen wies er eindringlich auf den kausalen Zusammenhang zwischen den zunehmenden Naturkatastrophen und der anthropogenen Klimaänderung hin: „Der globale Klimawandel, an dessen Beginn wir stehen, wird sich zu einer ernsten Gefahr für künftige Generationen entwickeln, wenn wir nicht bald einschneidende Maßnahmen auf politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Ebene ergreifen. Die Versicherungswirtschaft kann dazu wesentliche Argumente und Anreize liefern.“ Ende 2004 tritt Gerhard Berz in den Ruhestand. Sein Nachfolger ist Professor Peter Höppe: Mit Beginn des neuen Jahres können erstmals alle Interessierten das breite Geowissensspektrum der Münchener Rück unter www.munichre.com abrufen. Neben Hintergrundinformationen zum Klimawandel und zur Versicherung von Naturgefahren werden aktuelle Schadenfälle analysiert und interaktive Risikokarten für alle Regionen der Welt bereitgestellt. |